Samstag, 28. Mai 2011

Fernando de Noronha, 21.Mai











Die letzte Nacht habe ich in einer Hotelsuite in Natal verbracht. Mindestens 50 Quadratmeter gross, die Einrichtung nicht unbedingt nach meinem Geschmack, doch auch nicht schlecht, nach meinem Lieblingszimmer in der Pousada „Aqua“, war es sowieso schwierig. Bezahlt habe ich etwa 70 Franken, ich hätte wahrscheinlich auch noch etwas günstigeres gefunden, doch für die eine Nacht, heute Morgen ging es ja bereits weiter nach Fernando de Noronha, fand ich den Aufwand nicht wert. Eine Apartementanlage, viele Familien, die Suiten gruppieren sich um einen grossen Innenhof mit Schwimmbad und Pflanzen, das Fenster auf der gegenüber liegenden Seite hinter der grosszügigen Kochnische gibt den Blick frei über ein Grasstück, dahinter Hochhäuser von Natal, links noch ein Stück Meer. Das Frühstücksbuffet ist beachtlich. – Hier in Fernado de Noronha habe ich für 100 Franken ein kleines Zimmer in einer Poussada gefunden, kleiner Sitzplatz davor und Blick ins Grün. Eigentlich auch ganz sympathisch. Aber eben erstaunlich, der Abstieg. Doch die Besitzerin ist freundlich, der Raum ist auch recht liebevoll gestaltet, wenn auch winzig, auf die Grösse kommt es nämlich nicht an, ob ich einen Raum mag oder nicht. Ich erinnere mich an ein winziges Dachzimmer in China, das ich durchaus wundervoll fand, obwohl neben dem schmalen Bett und der kleinen Schreibfläche wirklich überhaupt nichts im Raum Platz hatte.

Natal war übrigens weniger hässlich, als ich das nach der Beschreibung im Reiseführer gedacht habe. Die Bucht von Ponte Negra ist von steil abfallenden Hängen gesäumt, auf denen kleinere Häuser und älteren Pousadas stehen. Häufig mit Blick auf das Meer. Erst oben auf dem Hügel schiessen jetzt Hochhäuser empor. Hoffentlich ist das geplant und bleibt so.
Auch diese Stadt wird von Sanddünen umrahmt. Hier sind sie mit hohem Buschland bewachsen und nicht mit Gras, einzig die Steilhänge zur Küste leuchten nackt und hell aus den dunklen Wäldern hervor.

Der Flug nach Fernado de Noronha dauert eine knappe Stunde, das Flugzeug ist nicht zur Hälfte gefüllt, doch die Preise sind trotzdem nicht gefallen, auf dieser Linie gibt es kaum Konkurrenz. Dafür werden wir von einer schönen Stewardess betreut. An eine spanische Adlige erinnert mich ihr Gesicht, lange Nase, grosse stolze Augen, ein etwas strenger Mund. Nebst Getränken erhält jeder Gast einen kleinen Plastiksack mit einer Portion Nüsschen, Käse, Crackern und Süssigkeiten.

Die Notration für Fernando de Noronha, sage ich mir, nachdem ich die Preise hier sehe. Selbst Kokosnusssaft, Kokospalmen stehen viele auf der Insel herum, kostet hier doppelt soviel wie auf dem Festland. Und die Händler wollen alle Kleingeld. Denn dies, so erklärt mir einer, das müssten sie auch extra bezahlen, denn die Bank verlange eine Gebühr dafür. Wie dem auch sei, ob sich die Preise wirklich rechtfertigen lassen durch die Transportwege, den Leuten hier geht es gut. Keine Slums und was mich vollends erstaunt, die Hauptstrasse, die der Länge nach über die Insel führt, ist geteert und in einem guten Zustand und wird von einem Trottoir gesäumt. Und wird selbst zwischen den Ortschaften von Strassenlampen beleuchtet, stelle ich fest, als ich heute Abend im Finsteren vom Hafen zurück in den Hauptort laufe. Welch ein Luxus! Bin ich doch praktisch die einzige, die hier zu Fuss herumgeht. Die Brasilianer mieten alle Strandbuggys, damit sie auch hier genügend motorisiert sind. Selbst wenn diese Insel mit Ökotourismus wirbt. Und es jede halbe Stunde einen Bus hat, der die 10km lange Strecke abfährt.
Bereits der gute Zustand der Strassen macht, dass ich mich überhaupt nicht auf einer Tropeninsel wähne. Doch auch die Küste hat für mich nichts Tropisches. Heute war ich zwar erst an der, dem Festland zugekehrten Seite. Von schroffen Felsen wird sie gesäumt, an denen die Brandung empor schiesst und zerstiebt. Das erinnert mich an die Bretagne. Zumal heute der Wind wirklich stürmisch ist, schwere Wolken, letzte Nacht soll ein gewaltiger Regenguss auf die Insel nieder gegangen sein, riesige Pfützen überall.

Kurz vor dem Sonnenuntergang, wechsle ich auf die Aussenseite der Insel. Hier zeigen sich abgerundete hohe Felsen, wie ich sie von Fotografien aus Thailand her kenne. Dicht mit Vegetation bewachsen, das entspricht schon eher meinem Bild einer tropischen Insel. Die Bucht ist aber gleichzeitig der Hafen, eine Mole hält die Brandung fern, sie eignet sich schlecht als Vordergrund für ein Foto vom Sonnenuntergang. Das ich dringend dem Erivando senden will. Dann ganz bestimmt, beim farbentrunkenen Versinken der Sonne im Meer, denke ich an ihn.

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