Mittwoch, 16. März 2011

Tarapoto, 11.März





Heute ein Ausflug mit einem Dreirad, diese Motorradtaxis sind die häufigsten Verkehrsmittel, der Lärm in den Strassen ist unerträglich, das Geknatter, zum Glück liegt mein Hotel etwas am Rande, zu oberst auf einem Hügel, mit Rundsicht von der Dachterrasse aus. Der freundliche Chauffeur bringt mich zu einer Sehenswürdigkeit der Gegend, einem Wasserfall, ich erwarte nicht allzu viel, doch eine Fahrt durch die tropische Landschaft lockt mich. Auch wenn in dieser Gegend kaum mehr vom ursprünglichen Wald übrig geblieben ist als in der Schweiz. Dafür gibt es Käse und Jogurt zu kaufen, das haben wohl die Spanier hierher gebracht. Maniokkulturen sehe ich ebenfalls, Yuka, meint mein Chauffeur und das macht mein kürzlich in Lima bestelltes Essen bereits viel weniger exotisch, Yuka gleich Maniok, vom Kokain sehe ich nichts. Nicht hier an der Strasse, meint der Fahrer und jetzt sowieso nicht mehr.

Carretera ecologica sehe ich am Strassenrand angeschrieben und denke, dass diese Strasse wohl eben so ökologisch sei wie gestern mein Essen im vegetarischen Restaurant vegetarisch. Gebratenes Gemüse bestellte ich. Das war nicht schlecht, doch auch Fleischstückchen hatte es darin und Lomo, also Rindfleisch stand ebenfalls auf der Speisekarte.

Der Wasserfall im Wald ist dann auch für eine Schweizerin beeindruckend, wenn auch weniger durch die Höhe oder die Wassermassen, als durch die üppige Vegetation und kühle Frische dort. Die übrigen Besucher schlüpfen in ihre Badekleider und gehen kreischend in den Gischt, ich begnüge mich mit einem Fussbad, so furchtbar kalt finde ich es gar nicht.

Roger Federer meint mein Chauffeur, als ich sage, ich komme aus der Schweiz. Das passiert mir nicht das erste Mal. Roger Federer scheint hier bekannter zu sein als Schweizer Uhren und Schweizer Schokolade.

Anschliessend besuche ich das Museum in Tarapoto. Der Wärter führt mich durch die Sammlung, ich bin die einzige Besucherin. Archäologische Funde, Tonscherben und Gefässe der Indianer, neben Versteinerungen, Ammoniten, auch Mastodonten scheint es gegeben zu haben, Vorläufer der Elefanten, Saurier und weiteres, nicht alles sind gute Exponate. Eine Menschenmumie hat es ebenfalls, manche Indianer scheinen ihre Begräbnisse so zu gestalten, die meisten aber, so erklärt mir der Wächter, die würden ihre Toten erst 3 Jahre neben dem Haus vergraben. Wenn das Fleisch einmal weg sei, nur noch Knochen übrig, dann würden diese ausgegraben und in Tongefässe gelegt und die wiederum im Boden der Hütte vergraben. Man schätzt offensichtlich den Kontakt mit den Toten - wenn ich recht verstehe. Mein Führer spricht viel, Interessantes auch, doch ich merke, das ich rasch ermüde beim Spanischen. Zu den von Motten zerfressenen Tierfellen, der Jaguar ist das Spektakulärste, ist wenig Erklärung notwendig, am spannendsten finde ich die Erläuterungen zu den Bräuchen der Indianer. Etwa, dass sich untreue Ehefrauen in Maultiere verwandelten. Und die Geschichte von einem Mann, der mit seinem Maultier Geschlechtsverkehr gehabt habe. Das habe dem Pfarrer nicht gefallen. Daraufhin habe der Sünder das Maultier geheiratet und damit die Situation legalisiert. - Oder dass er selber, ein spanischstämmiger, keine Indianerin zur Frau bekomme. Schöne stolze Frauen seien das, kräftig. Doch die heirateten keine Weissen oder Mestizen. Wenn eine Indianerin noch nicht verheiratet sei, dann schmücke sie sich mit bunten Bändern und Tüchern. Eine verheiratete Frau mache das nicht.

Der Geldautomat in Tarapoto gibt mir als Höchstbetrag 700.- Soles. Ist man hier derartig viel reicher als in Lima? Ich gehe in ein Restaurant auf dem Hauptplatz essen, das mir der Dreiradchauffeur empfohlen hat. Er selber esse zwar immer zu Hause, nie im Restaurant, meint er. Es ist ein gutes Restaurant, wohlhabende Leute, das merke ich sofort, Kokainbarone, meine Fantasie geht durch, ich bestelle einen Fisch mit gebratenen Kochbanenen, nicht billig, doch erstaunlich gut, mit fantastischen Saucen und Gemüse. Und wieder einmal fühle ich mich als Exotin. Von Leuten hinter dunklen Brillen neugierig betrachtet. Irgendetwas an mir scheint definitif nicht in die Gesellschaft der wohlhabenden Peruaner zu passen.
Gestern Abend dagegen bin ich mit einer jungen Australierin, die auch alleine unterwegs ist, in ein sehr billiges Restaurant essen gegangen. Ein Ort, in dem es auch andere Trampertouristen hatte, billig, nicht schlecht, meine Begleiterin wählte das Tagesmenu, Quinoabrei mit Reis, das billigste, sie muss auf ihr Budget schauen, ist bereits fast ein Jahr unterwegs. Auch hierhin passe ich nicht ganz, falle jedoch deutlich weniger auf als bei den Reichen.

Über die Peruaner. Natürlich kann man das nicht so vereinfachen, doch meine bisherigen Erfahrungen mit den Leuten hier sind sehr positiv. Unterhalten muss man sich zwar in Spanisch, anderes wird kaum gesprochen, doch wenn man das auch nur ein wenig spricht, dann finden sich sofort Gesprächspartner. Die Leute sind neugierig, wollen wissen. Aber im allgemeinen nicht aufdringlich und das finde ich sehr angenehm. Mein Dreiradchauffeur merkt beispielsweise sofort, dass ich lieber alleine bin beim Zeichnen. Das muss ich ihm nicht sagen. Selbst die Typen in den Strassen, die versuchen, einen Touristentrip zu verkaufen oder Geld zu wechseln, fragen zwar, doch werden sie nicht aufdringlich und verfolgen einen. Das ist in Afrika anders. Die geben nicht gerne auf.

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