Montag, 28. März 2011

Iquitos, 16. März






In der Nacht sind es die Hunde, die die Szene beherrschen, ihr Geheul und Gejaule dringt vom Stadtteil Belem herauf, gegen Morgen immer mehr auch das Schreien von Hähnen. Sobald das Tageslicht kommt, werden diese Geräusche überdeckt von den hunderten von Radios, die in Betrieb genommen werden und die um die Wette Musik und Nachrichten bringen. In Peru ist es nie ruhig. Das wird es auch nicht im Urwald sein, doch die Geräusche werden ändern. Heute Abend fahre ich wieder stromaufwärts mit Antonio, eine weitere Nacht in der Hängematte und dann ab in den Busch.
Auch Iquitos ist übrigens praktisch frei von Mosquitos, hier besonders erstaunlich, weil die Stadt nicht umgeben ist von fliessendem Wasser, sondern von Lagunen und Sümpfen, den idealen Brutplätzen der Blutsauger. Iquitos ist die erste Amazonasstadt mit einem Uferquai. Erhöht auf dem Hügelabbruch über den Armenquartieren am Fluss verläuft eine Uferpromenade, viele Häuser noch aus der Kolonialzeit, etwas zerfallen, die mit schönen Ornamenten versehenen Kacheln, mit denen die ganzen Fassaden bedeckt sind, fallen langsam herab. Ein Prunk muss das zu Zeiten der Kautschukbarone gewesen sein. Dazwischen jetzt Betongebäude jüngeren Datums, mit bunten abblätternden Farben gestrichen, der Zustand des Zerfalles gleicht demjenigen der viel älteren Prunkbauten. Diese Uferpromenade ist sehr belebt, Strassenhändler und Essstände und sogar Wanderprediger mit Mikrophon finden sich am Abend ein. Am Tag bietet sie wenig Schatten, die Bäume sind noch klein. Friedlich schient mir Iquitos ebenfalls, selbst am Abend nach zehn Uhr kein ungutes Gefühl bei der Rückkehr ins Hotel.

Habe ich schon gesagt, dass die peruanische Küche wunderbar ist? Ob teures Restaurant oder Strassenküche, die Speisen sind sehr vielfältig und ausgezeichnet. Immer werden verschiedene Saucen dazu gereicht, meistens hausgemachte in Schälchen, scharfe und delikat gewürzte, Saucen mit gehackten marinierten Zwiebeln häufig ebenfalls. Und wenn es einmal Richtung Fastfood geht, dann stehen vier Plastikflaschen auf dem Tisch, in Rot, Gelb, Grün und Weiss. Die Weisse eignet sich als gar nicht so schlechte Salatsauce, denn einzig dies, Salatsaucen, sind nicht immer nach meinem Geschmack hier, nicht sauer genug.

Am Abend gegen sechs Uhr marschiert ein Umzug mit Musik die Treppen neben meinem Hotel hinunter ins Armenquartier Belem. Kurz darauf gehe ich hinaus, um die malerisch schwarzen Gewitterwolken zu fotografieren, erste Blitze und Donnergrollen. Noch bevor ich zurück bin, setzen heftige Windstösse ein, die den Staub aufwirbeln, erste schwere Tropfen fallen, die Menschenmenge eilt die Treppen hinauf und verläuft sich. Kaum bin ich im Zimmer, legt das Gewitter dann wirklich los. Danach, haben wir einen äusserst angenehm kühlen Abend.
Als ich ins Zentrum spaziere, finde ich plötzlich, dass es dort schon recht schummrig sei. Habe ich das gestern nur nicht bemerkt, weil ich in Begleitung war? Ich biege vom Quai weg Richtung Hauptplatz - denke ich - doch war das zu früh, ich verlaufe mich. Und merke dann irgendeinmal auch, weshalb diese Finsternis. Stromausfall, die Leute zünden Kerzen an, nur manche Strassen und Gebäude bleiben beleuchtet, eine Logik erkenne ich darin nicht. Bei Kerzenschein esse ich Backkartoffeln und Schweinskotelett. Das ist jedoch zäh und ich nicht hungrig genug. Ich lasse mir das einpacken für die Hunde. Der erste magere Köter, dem ich eines der Koteletts hinwerfe, weicht erschrocken zurück und auch später, als er sich hinzu getraut, weiss er nichts damit anzufangen. Nun liegt dieses Fleischstück mitten auf der schönen Quaipromendade, ich muss das das nächste Mal diskreter machen.
Die zweiten Fleischreste werfe ich zwei mageren Hunden vor. Auch die zögern, bis sich ein starker, grosser Hund heranmacht und die beiden knurrend verscheucht.

Die Peruaner sagen nie, sie sprächen Spanisch. „Kastilianisch“ sagen sie, wenn sie von ihrer Sprache reden. Heute will erstmals ein junger Peruaner sein Englisch testen. Gar nicht so schlecht, ich lobe ihn. Und sein Vater meint, der Sohn, der lerne nun Englisch, das sei wichtig. Aber eben auch teuer, die Sprachkurse, in der Schule lerne man nicht viel. In der Zeitung lese ich, dass gestern in der Gegend ein Mann mit 6kg Kokain erwischt worden sei. Versteckt in der Bananenladung auf seinem Boot. Seit anfangs Jahr seien bereits 20kg Kokain beschlagnahmt worden, das meiste in der Gegend nahe der Grenze zu Kolumbien und Brasilien.

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