Dienstag, 12. April 2011

Bandeiranthe II, 11.April




Schönes Wetter heute Morgen, die Ufer des Flusses sind immer noch praktisch unberührt, nichts deutet darauf hin, dass wir noch heute in einer Riesenstadt ankommen werden, wo das Schiff von Stadtrand zu Stadtrand 1 Stunde fahren müsse, wie mir der Steward berichtet. Er komme von Tabatinga – deshalb versteht er wohl mein Spanischportugiesisch so gut - habe aber Verwandte in Manaus, einen Taxifahrer auch, der könne mich ins Hotel fahren.

Am Frühstückstisch füllt der pokennarbige Familienvater den starken und stark süssen Milchkaffee in die Trinkflaschen der Kleinkinder, kein Wunder dass die Brut so lärmig ist, einer der kleineren Knaben klopft unterdessen gerade dem Säugling rhythmisch heftig auf die Brust, was dessen Geschrei angenehm moduliert.

Gegen 10 Uhr morgens doch noch eine Landung mit der Schiffsspitze gegen das Ufer. Mitten im Nichts, kein Dorf, der Schiffsjunge springt barfuss ins Schilf der Böschung und befestigt ein dickes Tau an einem Baum. Wozu dieser Halt, niemand schickt sich an, auszusteigen? Regen, meint der Steward und deutet auf die schwarze Wand im Osten, die auf uns zukommt, das sei gefährlich. Nun sind wir eigentlich jeden Tag durch ein bis zwei Regenfronten gefahren, die Plastikplanen wurden hinuntergelassen und nach einer viertel Stunde war der Spuk wieder vorbei. Weshalb diese Front gefährlicher sei, das weiss ich nicht. Sehen die ihr das an oder hat es vielleicht sogar Funk auf dem Schiff? Selbst die Luke zum Bardeck wird diesmal geschlossen, es giesst heftig, doch nach einer viertel Stunde lässt der Regen bereits nach und wir legen wieder ab.

20 Passagiere sind wir noch und rund 10 Angestellte, einen Koch und eine Köchin habe es auch, erklärt mir der Steward. Das war sicherlich diese grosse feste Frau, die mich misstrauisch betrachtet hat, als ich das Unterdeck und die Küche inspizieren gegangen bin. Allzu rentabel ist diese Fahrt nicht, zumal auch der Frachtraum praktisch leer bleibt.- Immerhin haben sie von mir 600 Reals erhalten, das macht doch bereits einiges wett. Inzwischen habe ich nämlich Zeit gehabt, ausführlicher in meinem Reiseführer zu lesen und da heisst es, dass die Preise stark variieren, je nach dem Komfort auf dem Schiff, und ausgehandelt werden müssten. Eigentlich hat mir das bereits der Mann, der mir das Billet ausgestellt hat angedeutet. Nach einem Telefon, in welchem er anfragte, ob eine Kabine frei sei, meinte er 600 Reais, ob das recht sei? Im Prinzip ein Angebot zu verhandeln. - Ich bereue es allerdings überhaupt nicht, dieses Schiff genommen zu haben, die Weite der Landschaft, die ich nicht müde werde aus meiner schaukelnden Hängematte heraus zu betrachten, bringt eine derartige innere Ruhe und Gelassenheit in mir, die selbst der Lärm der Motoren kaum zu erschüttern vermag.
Um 5 Uhr präzise wird zum Nachtessen gepfiffen. 5 Uhr ist die prophezeite Ankunftszeit in Manaus. Das Ufer ist immer noch wenig besiedelt, kleinere Grundstücke, doch etwas mehr Verkehr auf dem Fluss, der häufig aussieht, wie ein Schweizer See, manchmal auch schmal wie die Aare, wenn durch Inseln Wasserläufe abgetrennt werden. Im Moment hat es wegen des Hochwassers sehr viele davon und einige sind Abkürzungen von Kurven, die bei Niedrigwasser nicht befahren werden können. Immer noch sind wir in ländlicher Gegend, immer mehr kleinere und grössere Schiffe kreuzen uns zwar, doch weit und breit keine Stadt in Sicht. Das stört mich nicht, die Abendstimmung ist wundervoll, doch sorge ich mich ein wenig, spät in Manaus anzukommen. Die Lichter der Stadt sehen wir erstmals gegen 8Uhr abends, bis wir am Porto flutuante anlegen geht es nochmals eine Weile. Der Steward – oder ist er doch der Kapitän, bei der Landung übernimmt er das Kommando – ist besorgt, sein Primo, sein Neffe, habe nicht kommen können, ob ich nicht die Nacht auf dem Schiff verbringen wolle, jetzt sei es gefährlich ohne Vertrauensperson. Eine andere Frau, eine Dame, ich habe sie nie mit jemandem sprechen sehen, bleibe auch auf dem Schiff, denn Morgen fahre sie weiter nach Santarem.

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